Veröffentlicht am Feb. 6, 2023

Dachausrichtung und möglicher Ertrag einer Photovoltaikanlage

Die Ausrichtung des Daches ist ein wesentlicher Faktor für die Ermittlung des zu erwartenden Ertrages der Anlage. Ermitteln Sie anhand einer Tabelle, wie sich Abweichungen der Dachausrichtung prozentual auf den Ertrag der Anlage auswirken. Lesen Sie hier, wie Sie die Ausrichtung in kürzester Zeit mit Hilfe von Google-Earth auf 1 bis 2 Grad genau bestimmen können. Mit einer Schritt-für-Schritt Anleitung anhand der Anlage High-Light ist das ein Kinderspiel. Es gibt aber noch viele weitere Möglichkeiten, die Ausrichtung zu bestimmen. Auch diese werden erläutert.
Christian Märtel
Dieser Artikel wurde von
Christian Märtel für www.photovoltaik-web.de verfasst.
Photovoltaik Ist das Dach geeignet? Die optimale Dachausrichtung

Generell ist in Mitteleuropa eine Ausrichtung von 180° nach Süden optimal. Abhängig von der Topographie des umliegenden Geländes kann sich die Ausrichtung für eine optimale Energieausbeute mehr nach Osten oder Westen verschieben. Wird ein Dach zum Beispiel morgens durch einen Berg, der Richtung Osten liegt verschattet, so ist es von Vorteil, wenn das Dach weiter nach Westen ausgerichtet ist und dadurch mehr Abendsonne abbekommt. Dächer, die weiter nach Osten oder Westen ausgerichtet sind, können immer noch respektable Ergebnisse bringen, vorausgesetzt die Dachneigung ist nicht zu groß (siehe Kapitel Dachneigung). Genau nach Ost oder West ausgerichtete Anlagen mit einer Dachneigung von 10 Grad bringen im Jahresdurchschnitt erstaunlicherweise immer noch 86% der Leistung einer optimal nach Süden ausgerichtete Anlage mit einer Dachneigung von 30 Grad.

Wer also ein unverschattetes, flaches Dach besitzt, welches nach Osten und/oder Westen zeigt, kann bei nachgebenden Preisen durchaus eine lohnende Anlage realisieren. Hier nochmals zum besseren Verständnis die Auswirkungen der Ausrichtung auf den Ertrag am Beispiel des Standortes der Anlage High-Light (zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken). Für Ihren individuellen Fall probieren Sie unseren Photovoltaik-Rechner mit unterschiedlicher Dachausrichtung aus, um zu sehen wie sich die Erträge ändern.

Prozentanteil vom maximal möglichen Ertrag in Abhängigkeit der Ausrichtung und der Dachneigung

Wie ermittelt man die Ausrichtung einer Photovoltaikanlage?

Hier hat man mehrere Möglichkeiten zur Auswahl:

  • Google-Earth
  • Bauplan: Auf dem Bauplan ist im Normalfall eine Windrose eingezeichnet, mit einem Geodreieck kann dann leicht die Ausrichtung bestimmt werden.
  • Kompass: Hat nicht jeder zuhause, falls zur Hand geht das problemlos, so etwas sollte auch jeder Solarteur zur Hand haben.
  • Satellitenschüssel: In Greenwich würde eine Astra-Satellitenschüssel 19,2° nach Osten zeigen, von Süden aus betrachtet. Wenn man jetzt den eigenen Längengrad ermittelt, zieht man diesen von den 19,2° ab und weiß, wie viel Grad von Süden die Satellitenschüssel abweicht. Den Längengrad findet man z.B. hier: www.heavens-above.com. Das Ergebnis von "Longitude" zieht man von 19,2° ab und erhält die Abweichung der Schüssel in Grad von Süden Richtung Osten. In Budapest (Longitude=19,083) müsste dann die Schüssel fast genau nach Süden zeigen.

Mit der genauen Dachausrichtung können Sie jetzt auch erste Angebote von Fachbetrieben einholen. Zusammen mit der Dachgröße ist die Ausrichtung der wichtigste Indikator für den Fachmann, um überhaupt die Machbarkeit einer Photovoltaik Anlage einzuschätzen.

Ausrichtung mit Google-Earth gradgenau bestimmen

Damit man Google-Earth verwenden kann, muss es auf dem eigenen Rechner zuerst installiert werden, ist aber im Normalfall kein Problem. Nach der Installation sollte zuerst in den Einstellungen die Gradanzeige auf Grad, Minuten, Sekunden eingestellt werden, dann kann später die ermittelte Dachausrichtung ohne Umrechnung in PVGIS übernommen werden.

Google Earth Gradeinstellung

Geben Sie links oben ins Eingabefeld unter "Anfliegen" Ihre Adresse ein. Google-Earth zoomt jetzt auf diese Adresse. Zoomen Sie manuell so nah, dass das Dach den Monitor formatfüllend ausfüllt. (Weitere Screenshots siehe weiter unten unter Anlage High-Light). Fahren Sie mit dem Mauszeiger genau auf die Dachmitte und lesen Sie am unteren Bildrand die Koordinaten des Standortes ab und notieren Sie sich diese, sie werden immer wieder mal benötigt.

Als nächstes möchten wir die Ausrichtung des Daches ermitteln. Drehen Sie das Dach mit Hilfe des rechts oben befindlichen Kompasses soweit, dass der Dachfirst exakt parallel zur oberen Bildschirmkante verläuft. Um den Winkel zu bestimmen benötigen Sie jetzt kein Geodreieck! Gehen Sie ins Menü: Hinzufügen --> Ortsmarke und klicken Sie auf den Reiter "Ansicht". In dem Feld Richtung finden Sie die Abweichung von Süd. Dabei sind Gradanzeigen im positiven Bereich Abweichungen nach Westen, im negativen Bereich nach Osten. Haben Sie hier zum Beispiel -22° stehen bedeutet das, dass das Dach eine Ausrichtung von 180° - 22° = 158° hat und eine SSO-Ausrichtung hat. Auch diese Angaben notieren Sie sich für die spätere Auswertung.

Die mit Hilfe von Google-Earth ermittelte Dachausrichtung ist meiner Ansicht nach äußerst genau. Selbst Abweichungen von 1 - 2 Grad können anhand von Vergleichen zweier Anlagen mit Solarlog sehr gut nachvollzogen werden und sind absolut schlüssig. Sie können jetzt gleich eine Ertragsprognose wagen um einen kurzen Überblick zu bekommen, ob sich eine PV-Anlage auf ihrem Dach lohnt. Springen Sie dann gleich zum Schritt "Ertragsprognose". Andernfalls geht es weiter mit dem Thema "Verfügbare Dachfläche".

Dachausrichtung der Anlage High-Light bestimmen

Versuchen wir, die Ausrichtung der Anlage High-Light herauszufinden. Dazu benutzen wir meinen Favoriten Google-Earth. Nachdem ich die Adresse eingegeben und Enter gedrückt habe erscheint auch schon mein Haus. Da Meßstetten, der Standort der Anlage, nicht so interessant für Google Earth erscheint, ist die Auflösung wirklich mies und damit das Dach ziemlich verschwommen. Das macht aber nichts, ich muss ja nur den First erkennen können:

Google-Earth Anlage High-Light

Der Ausschnitt ist nicht schön, aber man sieht deutlich, dass der First nahezu parallel zur Bildschirmkante verläuft, also zeigt das Dach genau nach Süden. Wir wollen aber trotzdem schauen, wie das mit dem Ablesen des Winkels bei Abweichungen von Süden geht. Dazu nehmen wir ein anderes Dach, z.B. den Landtag in Stuttgart. Da haben wir doch ein schönes Dach und noch dazu messerscharf:

Google Earth Dachausrichtung bestimmen

Da Google-Earth immer nach Norden ausgerichtet ist, lässt sich schon erkennen, dass die Abweichung der in Frage kommenden Dachseite, nämlich die, die nach unten links zeigt, nach Süd-West zeigt. Aber um wie viel Grad? Jetzt drehen wir den First mit Hilfe des Kompasses rechts oben parallel zur Bildschirmoberkante:

Google-Earth Dach ausrichten

Anschließend gehen wir in das Menü "Hinzufügen" dann "Ortsmarke" und klicken den Reiter "Ansicht" an. Das Ergebnis:

Google-Earth Ablesen der Abweichung von Süden

Das Ergebnis ist +24°, da Pluswerte Abweichungen nach Westen bedeuten haben wir also eine Ausrichtung von 24° aus Süd Richtung West oder auch eine Ausrichtung von 204° und die Koordinaten bekommen wir gleich mitgeliefert.

Ist die Ausrichtung 180° Süd immer optimal?

Das hängt von den Gegebenheiten ab. Im Fall der Anlage High-Light gibt es zwei Punkte, die es zu beachten gilt:

  • Verschattung durch Bäume und Hecken auf dem Nachbarsgrundstück. Der Carport, auf dem ein Strang der Anlage montiert ist wird ca. ab September bis Ende April durch Hecken, die direkt an der Grundstücksgrenze liegen und einem immer größer werdenden Ahornbaum verschattet. In diesem Fall wäre eine leichte Ausrichtung nach Westen, da das Nachbarshaus im Osten liegt vorteilhaft. Dadurch würde die Anlage morgens kürzere Zeit verschattet sein und abends länger unverschattete Sonnenstrahlen mitnehmen. Da an der Dachausrichtung nichts geändert werden kann ist ein freundschaftliches Nachbarschaftsverhältnis die einzige Möglichkeit, das Manko zumindest abzumildern.
  • Nachmittagsbewölkung Ich habe in dem ersten Betriebsjahr festgestellt, dass in den Sommermonaten Juli und August der Himmel vormittags oft wolkenlos war, und sich am Nachmittag dann Quellwolken entwickelt haben. Zu dieser Zeit waren Anlagen mit Ostausrichtung klar im Vorteil.
  • Nebelbildung im Herbst Da die Anlage High-Light fast auf 1000 Höhenmetern liegt, ist Morgennebel sehr selten. Meist scheint hier bereits die Sonne, während in tiefer gelegenen Gegenden, vor allem in Flusstälern oder in der Nähe von Seen noch dichter Nebel herrscht. Sollte eine Anlage in so einem Nebelloch installiert werden, so ist eine Westausrichtung bestimmt von Vorteil.

Wie man sieht gibt es viele Punkte, die es zu beachten gilt. Nur auf die optimale theoretische Südausrichtung zu schauen ist nicht ratsam. Man sollte sich die Gegebenheiten im Umfeld der Anlage, sowie die speziellen klimatischen Bedingungen am Standort genauer anschauen.